Best Practice 07 RWE

MASSGESCHNEIDERT UND PASSGENAU:
Verschleißschutzkonzeptionierung und -fertigung im Technikzentrum Werkstatt

Um funktionale Oberflächen zu erneuern oder zu optimieren, müssen immer mehrere Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Eine einseitige Betrachtung nur der Oberfläche, bzw. des Werkstoffes führt durchaus zu einer Verbesserung, lässt aber wichtige wirtschaftliche Gesichtspunkte außen vor. Um die optimale Lösung im Sinne der Life-cycle-Kosten zu erreichen, müssen sowohl konstruktive Gesichtspunkte einbezogen werden als auch die Möglichkeiten des Austauschs der funktionalen Oberfläche. ...

Im Technikzentrum Werkstatt der RWE Power AG im Rheinischen Revier werden neben der Instandsetzung von Komponenten wie z.B.: Getriebe, Trommeln und Stahlbaukomponenten der Großgeräte. auch maßangefertigter Verschleißschutz hergestellt, welcher die Stahlkonstruktionen sowie die Förderwege der Großgeräte vor abrasivem Verschleiß schützt. Dazu werden verschiedene Verschleißschutzwerkstoffe in unterschiedlichen Dicken und Konturen auf Bleche aufgeschweißt. Es stehen hier mehrere Schweißverfahren zur Verfügung die dem Anwendungsfall individuell angepasst werden. 

Zum einen wird Wolframschmelzkarbid (WSC) mit dem Plasma-Pulver-Auftragschweißverfahren verarbeitet wie in Bild 1 (unten) gezeigt. Hierbei handelt es sich um eine Pseudohartlegierung, d.h. dass die verschleißschützenden Karbide in einer weicheren Nickel-Matrix eingebunden werden. Es können Auftragsdicken von 2 mm bis zu 30 mm realisiert werden, die ab 5mm Stärke in mehreren Lagen aufgebracht werden, Der Aufbau einer solchen Funktionsfläche ist in Bild 2 (unten) abgebildet. 

In einem weiteren Verfahren wird ein chromkarbidischer Fülldraht verarbeitet. Im Gegensatz zu dem Wolframschmelzkarbid handelt es sich hierbei, um eine Hartlegierung bei der die verschleißschützenden Karbide aus der Schmelze entstehen. Als Grundwerkstoff werden S355-Bleche eingesetzt. In der weiteren Verarbeitung werden die beschichteten Bleche auf einer Plasma-Schneidanlage konfektioniert. In einer Roboterzelle mit Wendetisch werden anschließend die Befestigungselemente voll automatisch angeschweißt.
Verschleißteile für Brunnenbohrungen, Wellen, Prallbalken, Trichter und verschiedene Sonderverschleißteile können auf den Anlagen gefertigt und instand gesetzt werden. Zur besseren Modellierbarkeit bei der Verarbeitung des WSC-Pulvers steht eine Hand-PTA-Anlage zur Verfügung. So können auch – wie in Bild 4 (unten) zu sehen – einzelne Zähne von Brecherwellen gepanzert werden. 

Die beiden oben erwähnten Schweißverfahren werden auch zum Aufschweißen von Manganhartstahl genutzt, im Fokus steht hier die Wiederherstellung einzelner Funktionsoberflächen. Hierbei wird ein Zusatzwerkstoff verwendet, der artgleich zum Manganhartstahl ist, da es sich bei diesen Auftragschweißungen um die Wiederherstellung der Funktion und somit der Geometrie handelt.


Entwicklung der Verschleißschutzzusatzwerkstoffe
Bis zum Jahre 1984 wurden handelsübliche Verschleißelektroden eingesetzt. In den Jahren 1980 bis 1984 wurde in Zusammenarbeit mit dem Hersteller ein Fülldraht entwickelt. Der auf Chromkarbid basierende Fülldraht führte zu einer Standzeitverlängerung von ca. 60% gegenüber der Elektrode.Der zweite wesentliche Vorteil ist die wirtschftlichere Verarbeitung des Drahtes. Die Verarbeitung des Fülldrahtes erfolgt vorwiegend in den Instandhaltungswerkstätten. Dagegen wird die Elektrode, bedingt durch die bessere Mobilität und Prozesssicherheit immer noch in den Tagebauen vor Ort an eingebauten Bauteilen verarbeitet.
 
Eine weitere Standzeiterhöhung erhoffte man sich in der Verwendung von Wolframkarbid. Da sich dieser Werkstoff nicht mit der Fülldrahttechnik ausreichend gut verarbeiten ließ, wurden Versuche mit der PTA-Technik durchgeführt. Hieraus entstand das noch heute verwendete Plasma-Pulver WSC-RB60-40. Dieses besteht aus 60 Masseprozent Wolframschmelzkarbid (WSC) und 40 Masseprozent Nickellegierung. Die Morphologie des WSC besteht zu mindestens 50 % aus einem spratzigen Anteil, der Rest ist kugelig ausgeführt. Die Nickellegierung beinhaltet weiterhin noch ca. 3 % Bor und ca. 3 % Silizium. Der Einsatz des WSC-Pulvers führte ebenfalls zu einer drastische Erhöhung der Standzeit gegenüber dem Fülldraht. 

Bedingt durch den starken Anstieg der Wolfram- und Nickel-Rohstoffpreise wurden 2005 erneut werkstoffkundliche Untersuchungen für Substitute angestoßen. Diese Untersuchungen führten erneut zu verbesserten Standzeiten der Bauteile. Die stetige Weiterentwicklung der Verschleißwerkstoffe ließ den Standzeitfaktor um durchschnittlich 3,5 zur früher verwendeten Elektrode steigen. In Abhängigkeit des zu fördernden Gutes können die Standzeiten stark variieren, so dass zum Teil Standzeiterhöhungen um Faktor 10 erreicht wurden (vgl. PDF zur Entwicklung der Zusatzwerkstoffe unten).

Konstruktive Optimierung
Eine funktionale Oberfläche sollte grundsätzlich ohne Kanten oder Löcher ausgeführt sein, damit der Verschleiß nicht an diesen Stellen beginnen kann. Folglich sollen Oberflächen möglichst großflächig eingesetzt werden und Befestigungselemente die Oberfläche (zum Beispiel durch Schraubenlöcher) nicht beeinflussen.
 
Im unten gezeigten Beispiel der Ringschurre eines Schaufelradbaggers (als PDF) wird dargestellt, wie der Einsatz unterschiedlicher Werkstoffe in unterschiedlichen Dicken dazu führt, die Life-cycle-Kosten zu minimieren. Umfangreiche konstruktive Änderungen waren notwendig, die auch den Wechselvorgang der funktionalen Oberflächen, im Hinblick auf möglichst kurze Ausfallzeiten der Maschine, berücksichtigt haben.

So wurden im Bereich der abrasiv stark beanspruchten Ringschurre Wechselsegmente entwickelt, die einen großflächigen Wechsel der Bauteile ermöglichen. Die aufgepanzerten Bleche sind über Bolzenschweißungen mit dem Stahlbau befestigt, so dass eine homogene Oberfläche der Verschleißschutzschicht vorliegt. Sowohl die Dicke der Verschleißschutzschicht, als auch der -werkstoff ist so gewählt, dass mit steigender Verschleißbeanspruchung mehr und resistentere, höherwertige Verschleißschutzwerkstoffe zum Einsatz kommen. So ist gewährleistet, dass bei einem Maschinenstillstand alle verschleißschützenden Bauteile zeitgleich verschlissen sind und gewechselt werden können. Wurden in der Vergangenheit diese Bauteile nach Bedarf im Rahmen von mehreren Maschinenstillständen ausgetauscht, so ist heute nur ein Stillstand von gleicher Dauer notwendig. Die Aufarbeitung der verschlissenen Wechselsegmente erfolgt anschließend im Technikzentrum Werkstatt der RWE Power AG, so dass diese in einem der folgenden Maschinenstillstände erneut verwendet werden können. 

Die Maximierung der Schichtdicken des Verschleißschutzwerkstoffes sowie die Schichtdickenvariation führte dazu, dass die Maschinenstillstände, um den Faktor 6 reduziert werden konnten. Das Technikzentrum Werkstatt der RWE Power AG verfügt über vielfältige Möglichkeiten, Verschleißschutz zu fertigen und instand zu setzen. 


Dieses Best-Practice-Beispiel für faszinierende Oberflächentechnik wurde zur Verfügung gestellt von:
RWE Power AG
Technikzentrum Werkstatt
Frechener Str.12
50226 Frechen
Ansprechpartner: Dirk Suchodoll
T: +49 2234-935-46300

Das Bildmaterial darf ausschließlich für den hier genannten Text der RWE Power AG verwendet werden. Jede darüber
hinausgehende, insbesondere firmenfremde Nutzung wird ausdrücklich untersagt.

Bildrechte der Bildgalerie: RWE Power AG

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