Vorteile des Beschichtens mittels thermischer Spritzverfahren zum Zwecke der Veränderung und gezielten Anpassung von Oberflächeneigenschaften sind die endkonturnahe Beschichtung ohne Gefügeumwandlung und Verzug des Grundwerkstoffes mit hoher Legierungsflexibilität und der Handhabe auch in Zwangslagen vor Ort großflächige Reparaturbeschichtungen mit hohen Abschmelzraten durchzuführen.
Unter dem Begriff "Thermisches Spritzen" sind unterschiedliche Spritzverfahren zusammengefasst. Sie werden entsprechend DIN EN 657 unterteilt nach der Art des Spritzzusatzwerkstoffes, der Fertigung oder des Energieträgers. Als Spritzzusatzwerkstoffe kommen entweder Pulver, Stäbe, Schnüre oder Drähte in Form von Massiv- oder Fülldrähten zum Einsatz.
Zu den industriell gebräuchlichsten thermischen Spritzverfahren zählen vor allem das Flammspritzen, das Plasmaspritzen, das Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen (HVOF), das Kaltgasspritzen sowie das Lichtbogendrahtspritzen. Nachdem noch in jüngster Vergangenheit das Hochgeschwindigkeitsflammspritzen (HVOF) bei der Weiterentwicklung der Prozesstechnik im Zentrum der Entwicklungen stand, erfährt das Lichtbogendrahtspritzen in letzter Zeit aufgrund des großen Potentials zum Reduzieren der Beschichtungskosten durch Substitution anderer Verfahren erhöhte Aufmerksamkeit.
Das Lichtbogendrahtspritzen gilt als eines der wirtschaftlichsten thermischen Spritzverfahren, welches bereits im Jahr 1915 vom Schweizer M. U. Schoop patentiert worden ist [Literaturhinweise 1-6].
Verfahrensprinzip Lichtbogendraht-Spritzen
Beim Lichtbogendrahtspritzen werden zwei Drähte, in der Regel aus demselben Material, verwendet. An diese beiden sich durch geeignete Drahtführung an der Spitze der Spritzpistole in Kontakt stehenden Drähte wird eine elektrische Spannung erzeugt.
Von allen Teilwiderständen im so gebildeten Stromkreis besitzt die Berührungsstelle der beiden zueinander orientierten Drähte den geringsten Ohm‘schen Widerstand. Hierdurch kommt es zu einem kurzfristigen Spannungsabfall und einem sehr hohen Kurzschlussstrom mit zeitgleich starker Erwärmung, sodass an dieser Stelle das Metall bei einem auftretenden Temperaturanstieg beginnt aufzuschmelzen. Gleichzeitig findet mit Hilfe eines kontinuierlichen Drahtvorschubes bei Unterschreiten eines kritischen Mindestabstandes eine konstante Gasentladung statt und durch Elektroemissions- sowie Ionisationsvorgänge wird im Luftraum zwischen den Drahtenden ein beständiger Lichtbogen ausgebildet. Hierbei hat der Spritzdrahtwerkstoff Einfluss auf das Zündverhalten. Während es bei Spritzdrähten mit kleinem spezifischem Widerstand und großer Wärmeleitfähigkeit, z. B. Aluminium, Schwierigkeiten beim Zündvorgang gibt, geschieht dieses erheblich einfacher bei solchen Werkstoffen mit kleinerer Wärmeleitfähigkeit und größerem spezifischen Widerstand, wie z. B. Stahl. Beide Mechanismen haben zur Folge, dass es zum An-, Ab- bzw. Aufschmelzen des Spritzdrahtmaterials kommt, welches daraufhin durch die eingeblasene Druckluft (Zerstäubergas, Primärgas) aus einer axialen Düse sowohl zerstäubt als auch zur Werkstückoberfläche beschleunigt wird [Lit. 7].
Die beim Lichtbogenspritzen verwendete „push/pull“-Förderung des Drahtes (schieben und ziehen) regelt den Drahtvorschub und somit auch die Anzahl der Gasentladungen pro Zeiteinheit (Stromstärke), da der Lichtbogen nicht kontinuierlich brennt, sondern mit hoher Frequenz fluktuiert. Mit zunehmender Drahtvorschubgeschwindigkeit steigt die Frequenz der Gasentladungen und somit die Stromstärke. Diese Fluktuation des Lichtbogens unterschiedlicher Frequenzen ist die Folge einer Modifikation des Zerstäubergasdruckes sowie elastischer Vorgänge an beiden Drahtenden bei unterschiedlichen Spritzzusätzen. Somit steht die bereits erwähnte hohe Auftragsrate beim Lichtbogenspritzprozess in direktem Zusammenhang zur verwendeten Stromstärke sowie zur Dichte und zum Schmelzpunkt des Spritzdrahtwerkstoffes.
Als einstellbare Beschichtungsparameter sind neben der Bewegungsführung verfahrensbedingt die Parameter Spannung, Stromstärke und Druck einstellbar. Moderne Systeme weisen CFD-optimierte Düsensysteme für geringe Druckverluste und hohe Gasgeschwindigkeiten auf.
In der aktuellen Weiterentwicklung Prozesstechnik werden derzeit zwei Richtungen verfolgt. Zum einen wird eine kontrollierte Spritzatmosphäre (Vakuum oder Schutzgas) eingestellt und zum anderen die eine Steigerung der Partikelgeschwindigkeit durch den Einsatz von Überschallströmungen zum Zerstäuben anvisiert, wie beispielsweise beim weiter entwickelten Verfahren „HV-ARC“ (high velocity arc spraying) [Lit. 10].
Die neueste Generation von Lichtbogenspritzsystemen versprechen eine Garantie der Reproduzierbarkeit von Schichtqualität, eine Reduzierung der Betriebskosten durch verringerte und gleichmäßigere Spannung sowie eine Maximierung der Auftragseffizienz des eingesetzten Spritzdrahtwerkstoffes bei gleichzeitig erhöhter Systemflexibilität durch die Möglichkeit der Adaption mehrerer unterschiedlicher Lichtbogendrahtspritzpistolen [Lit. 1, 3, 4, 6, 11].
Werkstofflegierungen zum Lichtbogendrahtspritzen
Die Werkstoffe für das thermische Spritzen werden durch verschiedene Normen gemäß den chemischen Zusammensetzungen klassifiziert und charakterisiert sowie deren Lieferformen gekennzeichnet. Während die DIN EN 1274 Pulver thematisiert, teilt die DIN EN ISO 14919 die Drähte für das thermische Spritzen ein.
Für das Lichtbogendrahtspritzen kommen verschiedene Legierungstypen je nach Anwendung zum Einsatz, so beispielsweise Zinkdrähte zum Korrosionsschutz für Behälter oder Stahlträger im Brückenbau oder Schiffsbau. Hierbei können Hochleistungsbeschichtungsanlagen bei 1000 A bis zu 30 kg/h an Beschichtungsmaterial auftragen. Während Massivdrähte bei Standardlegierungen, wie 17% Cr-Stahl oder austenitischen Legierungen, verarbeitet werden, erforderten extreme Verschleißbedingungen, bei denen konventionelle Massivdrahtlegierungen die geforderte Funktionalität nicht mehr erfüllen, die Entwicklung von Fülldrahtelektroden als Spritzzusatz, wodurch die Wirtschaftlichkeit beim Verschleiß- und Korrosionsschutz durch Thermisches Spritzen deutlich gesteigert werden konnte.
Durch den Einsatz von Fülldrähten lassen sich hochlegierte Materialien oder Hartstoffe verarbeiten, die aufgrund ihrer werkstoffspezifischen Eigenschaften als Massivdraht im Hinblick auf ihre Umformbarkeit Probleme aufweisen. Ebenso gegenüber Pulverlegierungen eröffnen Fülldrähte, welche in nahtlos und gefalzte Drähte unterschieden werden, dem Anwender ein weites Einsatzspektrum, da durch ihre kostengünstige Herstellung sowie die Möglichkeit, nahezu beliebige Legierungen auch in kleinen Mengen wirtschaftlich herstellen zu können, deutliche Vorteile bestehen. So können entsprechend den einzelnen vorliegenden Einsatzbedingungen maßgeschneiderte Legierungssysteme kostengünstig dem Anwender zur Verfügung gestellt werden.
Abhängig vom Legierungstyp besteht der Drahtrohrmantel in der Regel aus Eisen-, Nickel- oder Cobaltwerkstoffen. Nach dem Füllen und dem Falzen des Drahtes wird dieser auf die gewünschte Enddicke bis minimal 1,6 mm (üblich beim Fülldraht-Lichtbogenspritzen) gewalzt. Das Füllpulver besteht in der Regel aus Legierungs- und Desoxidationsmitteln sowie Hartstoffen. Durch die in einem breiten Bereich variierbare Zusammensetzung kann eine den Anforderungen gerechte Oberflächenbeschichtung gewährleistet werden. Die heutige Fülldrahtherstellung realisiert Füllverhältnisse (Mantelgewicht/Füllpulvergewicht) von 1 und darunter. Im Zuge dessen können hochlegierte Fülldrähte sowie Sonderlegierungen mit Sondercarbiden hergestellt werden, siehe Tabelle 1.
Mittels Fülldrähten können auch riss- und porenarme Verschleißschutzschichten aus Fe-Basis MMCs mit Al2O3-Hartstoffen mittels Lichtbogendrahtspritzen hergestellt werden (Bild). Die aufgebrachten Schichten bestehen aus den Phasen α-Fe (hell), FeO (grau) und α-Al2O3 (dunkel). Trotz einer geringen Härte weisen die Schichten eine hohe Verschleißbeständigkeit auf, die vergleichbar mit hochlegierten Schichten aus dem Legierungssystem Fe-Cr-B sind. Die hohe Verschleißbeständigkeit trotz der niedrigen Härte lässt sich auf einen autogenen Verschleißschutz zurückführen, der sich ausbildet, indem die abrasiven Partikel in die weiche Matrix indentieren, dort haften bleiben und durch die Aluminiumoxidpartikel in der Schicht gestützt werden. Die dargestellten neuentwickelten Schichten basieren auf der einfachsten chemischen Zusammensetzung die oxidpartikelverstärkte Fe-Basis MMCs aufweisen können. Daraus ergibt sich ein großes Potential an weiteren Optimierungsmöglichkeiten, vor allem durch Modifikation der Matrixzusammensetzung.